Weinbau: Gemeinde Bieberehren

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Tauberrettersheim

Abschied im Tal der Königinnen

In Tauberrettersheim

Das Schatzungsbuch von 1610 verzeichnet 46 Häckerfamilien. Auch der ärmste Schlucker im Dorf, der nicht einmal eine Geiß im Stall hatte und „in einem halben, gar alten und bösen Hüttlein oder als Hausgenosse im Dachstüblein wohnte“, nannte doch wenigstens 8-10 Eimer Wein sein eigen. Für einen Eimer Wein konnte man damals 3 Schafe, 2 Geißen, 1 Kalb oder 1 fettes Schwein kaufen; für 3 Eimer Wein erstand man eine Kuh. Demgemäß standen auch die Weingärten hoch im Preis. Für einen Morgen Weinberg wurden bis zu 40 fl. gezahlt. Einen Morgen gutes Ackerland bot man schon für 18 fl. feil. Während in alter Zeit die edle Rebe nur an den beiden Sommerbergen gegen Röttingen und Schäftersheim angepflanzt war, rodeten zwischen 1550 und 1600 die fleißigen Tauberrettersheimer auch die Hänge der Winterseite und bestockten sie mit Reben. Anno 1585 wurde der durchschnittliche Ertrag des jährlichen Weinzehnts auf 15 Fuder (das sind 180 Eimer) beziffert. 1950 Eimer Wein wurden im Jahre 1610 als Tauberrettersheimer Weinbestand angegeben. Seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts besaß Tauberrettersheim den Charakter eines ausgesprochenen Häckerdorfes mit all seinen Licht- und Schattenseiten. In gesegneten Weinjahren beschenkte man den hl. Nepomuk auf der von Balthasar Neumann erbauten Tauberbrücke mit den ersten zeitigen prallen und dunkelroten Trauben. Ein Winzer erzählt: Bei der Weinlese werden die verlockendsten Träubel für die Basen und Vettern in der Stadt in einen Extra-Korb geschnitten. Freudenschüsse und helle Jubelschreie grüßen von Hang zu Hang. Jung und alt beteiligen sich an der Bergung des köstlichen Segens. Bis tief in die Nacht herrscht geschäftiges Treiben im Kelterhaus. Sprudelnd „strollt“ die braune Brühe von der Kelter in die Gelte (Bietkufe). Die Fässer im Keller füllen sich. Die Kinder und das Weibervolk schlürfen mit Behagen die süße Labe. Bald rollen die schweren hochrädrigen Wagen der Mostkäufer ins Dorf und halten an den weitgeöffneten Kellertüren, denen ein aromatischer Duft entströmt. Butte auf Butte ergießt seinen Inhalt in den weiten Bauch des Transportfasses. Ein leuchtender Blumenstrauß mit buntfarbigen Bändern ziert den Spund (Pfeife) des größten Fasses, wenn der schwerbeladene Wagen über die Tauberbrücke den weinarmen Gauen zurollt.

Die Schilderungen zeigen aus der Erinnerung meist das Schöne. Nicht verkennen darf man allerdings auch, daß alle diese Arbeiten „Knochenarbeit“ waren. Die Leserinnen mußten bei der damaligen fränkischen Kopf-Schenkel-Erziehung den ganzen Tag über in tiefgebückter Haltung die Trauben suchen und abschneiden. Der Buttenträger hatte mit seiner schweren Holzbutte oft lange Wege zurückzulegen. Die Tragbänder der Butten waren im Fränkischen meist nicht aus Leder, sondern aus Weiden gedreht. Schlechte Weinbergswege machten die Heimfahrt zu einem Wagnis, und manche Herbstfuhre fiel um, und der Lohn der Arbeit eines Jahres oder mehrerer Jahre versickerte im Boden. Das Abladen zu Hause kostete viel Schweiß, und Ungeübte verschütteten manche Butte. Das Keltern war umständlich und langwierig. Meistens mußte auch noch der Most in den Keller getragen werden. So kann man sicherlich die Enttäuschung jenes Stadtfräuleins nachempfinden, als es sagte: „Eigentlich habe ich mir das Weinlesefest ganz anders vorgestellt.“ Tauberrettersheim gehört zu den wenigen Orten in Franken, wo das „rote Gewächs“, das sogenannte „Tauberschwarze“, vorherrschte. Da die großen und saftreichen Beeren dieser dunkelroten Traube wegen ihrer dünnen Schalenhaut bei längerem Regen kurz vor der Lese aufspringen und von Schimmelpilzen besiedelt werden, erhöhte sich noch einmal das für den Weinbau in Franken ohnedies vorhandene Risiko. Dazu kommt noch, daß der Tauberschillerwein der alten Zeit, der aus einem Gemisch von weißen und roten (schwarzen)Trauben gekeltert wurde, so trefflich er in guten Jahren auch mundete, nicht von langer Haltbarkeit war. Die Häcker waren daher gezwungen, ihren Eigenbau möglichst bald und zu jedem preis abzusetzen (wenn man sie hat, muß man sie genießen, war oft der Spruch der Aufkäufer). Was nicht gleich im Herbst von der „Kelter“ weg verkauft wurde, war später wenig gefragt und verlor alsbald auch an Gehalt und Güte.

Interessant ist, daß 1841 bereits der „Brönner“, das ist der „Rote Brenner“, als Laubkrankheit beschrieben wird. Um 1800 gab es noch 112 ha Weinberge mit 29 Lagenamen. Um 1935 waren es nur noch 20 ha mit 8 Lagenamen. 30 Winzer traten um diese Zeit der Taubertäler Weingärtnergenossenschaft in Weikersheim/Württ. bei. Seit 1970 und 1979 die Weinberge neu geordnet und planmäßig wiederaufgebaut wurden, hat der Tauberrettersheimer Wein wieder einen sehr guten Platz im fränkischen Weinangebot. Der Schutz des Bocksbeutels und marktordnerische Gründe bewogen die Tauberrettersheimer Winzer, bei der WG Weikersheim auszutreten und sich ab 1972 der Gebietswinzergenossenschaft Franken in Repperndorf anzuschließen.. Daß der Spruch „In unserem Weinberg liegt ein Schatz. Grabt nur danach an jedem Platz“, den der Vater seinen Söhnen auf dem Sterbebett als Lebensweisheit mitgegeben hat, auch in Tauberrettersheim gilt, wurde bestätigt durch einen Münzfund im Jahre 1959. Die Münzen wurden 1441 vergraben und sind geprägt von der Burggrafschaft Nürnberg, Friedrich IV.: *1371, +1440 (Burggraf ab 1398). 500 Jahre hielten die Weinberge den Schatz verborgen und haben zugleich guten Wein gegeben.

  • Einzellage: Königin
  • Früher: In der Lache, Königin, Köder, Am Obern, Scholler, In der Haardt, Brunnenberg, Sommerberg, Klingen, Mönchberg
  • Gesamtrebfläche: 45 ha
  • Haupthimmelsrichtung der Lage: Süd
  • Höhe über dem Meeresspiegel: 280 bis 330 m
  • Haupthangneigung der Lage in Prozent: 20 bis 50
  • Boden: mittlerer Muschelkalk und Hangschutt des oberen Muschelkalks
  • Rebsorten weiß: Müller-Thurgau, Silvaner, Bacchus, Kerner Traminer
  • Rebsorten rot: Spätburgunder, Acolon, Domina, Tauberschwarz, Regent
  • Wein: duftig, kernig, lebhaft, nachhaltig.

Die Müller-Thurgau-Weine sind so feinduftig wie selten. Gleiches gilt für den Kerner.

Stationen des Weinbaues:
1225 Weingarten beim Weiler Bolzhalden; 1610 46 Häckerfamilien; 1800 122 ha; 1887 88 ha; 1899 78 ha; 1924 11 ha; 1937 20 ha; 1967 12 ha; 1995 46 ha.

Häckerfamilien

Ja, unser Franken-Volk, und insbesondere unsere Häcker, wie in Franken die Winzer genannt werden (Der Name kommt von "Hacken", dem Lockern des Bodens), - das ist ein wetterharter Volksschlag. Das übersprudelnd lustige, vielleicht auch manchmal etwas vorlaute Wesen der Bevölkerung in anderen Weinbaugegenden geht im wohl ab, er ist ernster und kühler; aber unter der rauhen Schale birgt sich ein guter Kern: Fester, ehrlicher Charakter, biederer Sinn und treue Anhänglichkeit an alte Sitte und erprobte Erfahrung, das sind des fränkischen Häckers treffliche Eigenschaften. Bei allem konservativen Wesen spricht aber aus den von Sonnenbrand und Wetter gebräunten Zügen und aus dem lebhaften Aug auch ein geweckter Geist. Selbstverständlich ist auch der Humor in fränkischen Weinorten stets zu finden. Wer die fränkischen Gauen durchstreift, findet allüberall ein frohes Wort und einen herzlichen Willkommensgruß.